EU-Mercosur-Abkommen verhindert eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Südamerika

Studie im Auftrag von Brot für die Welt

Autor: Thomas Fritz

Berlin, Juli 2023

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Die EU verhandelt derzeit mit dem Mercosur, dem Staatenbund aus Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, über ein Handelsabkommen, das Teil eines umfassenderen Assoziierungsabkommens werden soll. Die hier vorgelegte Analyse aber zeigt, dass dieses Abkommen die Möglichkeiten einer souveränen Wirtschaftspolitik und eines gerechten Übergangs in eine grüne Ökonomie in den vier südamerikanischen Ländern erheblich behindert.

Das Abkommen engt den Handlungsspielraum für wirtschaftspolitische Steuerungsmaßnahmen ein, die auf höhere Wertschöpfung, qualifizierte Arbeit und eine Dekarbonisierung der Industrie abzielen. Zudem fehlen vor allem auf Seiten der EU die notwendigen Verpflichtungen, um die ökonomische Kluft zwischen EU und Mercosur zu schließen und die sozial-ökologische Transformation in den südamerikanischen Partnerländern politisch und finanziell zu unterstützen.

Hinzu kommt, dass der angestrebte Vertrag in erheblichem Maße den Konkurrenz- und Verdrängungsdruck verschärft, dem sich die Industrie in den Mercosur-Staaten ausgesetzt sieht. Denn die vereinbarte Liberalisierung begünstigt insbesondere jene Sektoren, die auch jetzt schon im bilateralen Handel komparative Vorteile aufweisen: den Agrar- und Rohstoffsektor im Mercosur, die verarbeitende Industrie in der EU. Damit aber besteht die Gefahr, dass sich die für den Mercosur überaus nachteilige Struktur der bilateralen Handelsbeziehungen zur EU nicht nur verfestigt, sondern noch vertieft.

Angesichts der Fülle schädlicher Klauseln und Verpflichtungen sowie des zu erwartenden Verdrängungswettbewerbs bedeutet das Handelsabkommen, so es in Kraft treten sollte, in seiner Gesamtheit eine schwere Hypothek für die Chancen einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung im Mercosur. Vor diesem Hintergrund erscheint es für die Mercosur-Staaten derzeit nicht empfehlenswert, das Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen. Die potenziellen Gewinne, die in ihrem Agrar- und Rohstoffsektor anfallen könnten, kämen vermutlich nur zum Preis einer anhaltenden Stagnation ihrer verarbeitenden Industrie im bilateralen Austausch mit der EU zustande.

Durch punktuelle Verbesserungen wird das Abkommen seinen für den Mercosur nachteiligen Charakter kaum verlieren können. Die Mercosur-Staaten sollten daher im eigenen Interesse auf die Unterzeichnung verzichten. Staatdessen sollten sie im Rahmen einer Neuverhandlung die Grundlage für eine zukunftsfähige Kooperation mit der EU schaffen. Die EU wiederum sollte eine Neuverhandlung nutzen, um ein Abkommen mit dem Mercosur zu erreichen, das eine Kohärenz mit ihren eigenen Nachhaltigkeitsansprüchen herstellt.